Unfallversicherung: Unfall oder absichtliche Schädigung

Die Leistungen der Unfallversicherung setzen einen Unfall als schädigendes Ereignis voraus. Was ist ein Unfall?

Im Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) steht in Art. 4 ATSG:

Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.“

Gesundheitsbeeinträchtigungen, welche eine medizinische Behandlung erfordern sind Krankheiten, wenn sie nicht die Folge eines Unfalles sind (Art. 3 ATSG). Liegt eine Krankheit vor, ist die Kostendeckung nach Krankenversicherungsgesetz oder freiwilligen Zusatzversicherungen zu prüfen (KVG; VVG).

Für die Frage, ob ein Unfall vorliegt oder nicht, ist auch relevant, ob die Verletzung die Folge eines unfallähnlichen Körperschadens ist oder ob eine absichtliche Schädigung durch den Verletzten selbst zu bejahen ist.

Eine unfallähnliche Einwirkung auf den Körper genügt, um Leistungen der Unfallversicherung auszulösen. Die schädigende Einwirkung kann auch eine körpereigene Bewegung sein. Die Bewegung muss sich in einer allgemeinen gesteigerten Gefahrenlage abspielen und dem Geschehen muss ein erhöhtes Gefährdungspotenzial innewohnen. So ein Geschehen kann nur eine körpereigene Bewegung wie ein Faustschlag sein, wenn die Faustbewegung eine normale und beherrschte Beanspruchung übersteigt (BGE 129 V 466 Erw. 4.2.2).

Das Bundesgericht hat am 13. Juni 2017 den Faustschlag gegen eine Wand aus Stress, Ärger oder Wut resp. die dadurch verursachte Verletzung des kleinen Fingers (Sehnenausriss) als eventualvorsätzliche Schädigung qualifiziert. Damit hat das Bundesgericht die Leistungen der Unfallversicherung ausgeschlossen, weil weder ein Unfall noch eine unfallähnliche Körperschädigung vorlag.

Der Faustschlag-Streit entbrannte zwischen der Unfallversicherung AXA Versicherungen AG und der Krankenversicherung CSS Versicherungen AG zu Grunde (BGE 8C_555/2016 vom 13. Juni 2017):

Das Bundesgericht urteilte über den Faustschlag des Versicherten während einer Zugfahrt. Im Zug schlug der Versicherte aus Stress, Ärger oder Wut mit der Faust gegen eine Wand und verletzte dabei den kleinen Finger. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich bejahte am 23. Juni 2016 eine unfallähnliche Schädigung und somit die Leistungspflicht der Unfallversicherung, weil sich der Versicherte mit dem Faustschlag Erleichterung verschaffte. Aufgrund der Wut erachtete das Sozialversicherungsgericht den Schlag als alltägliche Geste unter Stress als unkontrollierbar. Weil der Versicherte die Schädigung nicht in Kauf nahm, verneinte die Vorinstanz absichtliches oder eventualvorsätzliches Handeln.

Das Bundesgericht erwog dagegen, dass der Versicherte den Faustschlag nicht versehentlich, sondern absichtlich ausführte, weil er seine Aggression an der Wand abreagierte. Obwohl er sich dabei nicht absichtlich verletzte, muss bei einem unkontrollierten Schlag in die Wand mit einem grösseren Verletzungsrisiko gerechnet werden als beim wutentbrannten Stampfen auf dem Boden.

Das Bundesgericht entschied, der Versicherte habe in der konkreten Situation mit dem primären Ziel „Dampf abzulassen„, den Eintritt einer Verletzung an der Hand für zumindest möglich gehalten und die Körperschädigung billigend in Kauf genommen, als er seiner Wut freien Lauf liess mit dem Handschlag gegen eine Kante. Somit entfiel die Unfreiwilligkeit der Handlung und damit das Vorliegen eines Unfalles.

Der Schlag aus einer Gemütsbewegung heraus „[…] geschieht notwendigerweise mit Wucht und dies wenn nicht in der Absicht, so doch mit Wissen um den damit verbundenen Schmerz, der in aller Regel auch gewollt ist. Je nach Wucht kann ein solcher Schlag nicht nur schmerzhaft sein, sondern – wie im vorliegenden Fall mit dem erfolgten Strecksehnenausriss – ernsthafte Verletzungsfolgen zeitigen. Je heftiger der Schlag geführt wird, desto näher liegt eine solche Verletzungsfolge und umso eher wird sie vom Wissen der handelnden Person als mögliche Folge erfasst.“

Weiter erwog das Bundesgericht „Daran ändert die affektive Gemütslage nichts. Vielmehr wurde durch die Aggression die Faust undosiert und unkontrolliert, wider jegliche Sorgfalt gegen die Wand geschlagen […]. Die Folgen einer sinnlosen Gewalteinwirkung der vorliegenden Art sollen überdies nicht von der Versichertengemeinschaft getragen werden müssen.“


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